Eindrücke:
Die Mobilisierung dieses Jahr startete mit der Diskussion darum, wie in einer alles bestimmenden Pandemie-Situation überhaupt ein kraftvoller Kampftag möglich gemacht werden kann.
Die Aufrufe zu (koordinierten) dezentralen Aktionen in Kreuzberg 36 erwiesen sich als positiver Impuls, der sicher auch in Zukunft als Ergänzung der revolutionären Demo sinnvoll ist. Trotz des massiven Polizeiaufgebots wirkte 36 politischer als in den letzten Jahren: Die Oranienstraße ebenso wie die umliegenden Straßen waren geschmückt mit politischen Transparenten und die Demonstration begleitet von Feuerwerk.
Politisierend wirkte auch der Wegfall des Myfests. Dieses unpolitische „Volksfest“ wurde nicht vermisst, sondern sein Fehlen war im Gegenteil befreiend. Allerdings bedeutete dies für viele lokale Gastronomen und Geschäfte einen weiteren massiven Verlust ihrer Einnahmen. Für zahlreiche ohnehin von Ausgangssperren bedrohte Existenzen fiel auch einer der umsatzstärksten Tage des Jahres ins Wasser. Die Feiernden, welche es aber dennoch zahlreich nach Kreuzberg zog, sorgten aber sicher für den einen oder anderen Euro in der Kasse.
Die Ankündigung Andreas Geisels, die Linie des 1. Mai der letzten Jahre zu verlassen, hatte spürbare Folgen – die erwähnte massive Polizeipräsenz führte schnell zu ersten Verhaftungen. Mithin setzt sich also der Trend fort, dass eine in Umfragen geschwächte SPD den Knüppel herausholt, um die Stimmen der autoritären CDU-Wähler zurückzubekommen. Ein trauriges Schauspiel, aber ein gewohntes. So kam es beispielsweise dazu, dass die Polizei auf brutalste Weise einen Menschen zu Boden brachte, der mit beiden Händen einen Döner hielt. Gab es also Gewalt am 1. Mai? Ja, Polizeigewalt! Doch, und das stimmt positiv, blieben die Angriffe nicht immer ohne Antwort!
Leider machten es die vielen politischen Menschen, die Feiernden und die Massen an Polizei unmöglich, Abstand zu halten. In diesem Zusammenhang ist nur zu hoffen, dass dies keine Folgen hat, die niemand vor Ort wollte. Es stellt sich die Frage, ob die politischen Anliegen einen Tag wie gestern rechtfertigen. Welches Risiko ist uns die Auflösung von Lagern und ein humaner Umgang mit Menschen, die dem Elend entflohen sind, wert? Welchen Stellenwert haben Demonstrationen mit dem Ziel, allen Menschen ein Leben zu ermöglichen, das mehr bedeutet als zu überleben? Wir wollen diese Fragen nicht beantworten, da es unserer Überzeugung nach zynisch ist, Menschenleben gegeneinander aufzuwiegen. Insofern bleibt nur die Hoffnung, dass die Unmöglichkeit des Abstandhaltens keine gesundheitlichen Auswirkungen haben wird.
In diesem Sinne heute (am 2. Mai) einen starken Internationalen Kampf- und Feiertag der Arbeitslosen!